Der Orientierungsrahmen Schulqualität beschreibt, was in Hamburg unter guter Schule verstanden wird. Indem er aufzeigt, wo die Ziele gelingender Schul- und Unterrichtsentwicklung liegen, bietet er Orientierung in Veränderungsprozessen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Schule alle Kriterien guter Schule jederzeit voll erfüllen muss. Vielmehr enthält er den Auftrag an jede Schule, ihren individuellen Qualitätsentwicklungsprozess zu gestalten, um den beschriebenen Gütekriterien immer näher zu kommen.
Der Orientierungsrahmen richtet sich nicht nur an die Schulen selbst. Alle, die in und für Schulen Verantwortung tragen, sollen ihr professionelles Handeln am Orientierungsrahmen ausrichten: die Pädagoginnen und Pädagogen sowie die Schulleitungen, Schulaufsichten, Ausbildnerinnen und Ausbildner, Fortbildnerinnen und Fortbildner, Kooperationspartnerinnen und -partner sowie die Amts- und Behördenleitung.
Der Orientierungsrahmen lenkt die Aufmerksamkeit auf diejenigen Gütekriterien von Schule, die die Schulen selbst gestalten können. Und doch scheint an der einen oder anderen Stelle durch, dass endliche Ressourcen, Zeiten und Räume auch Grenzen der Gestaltbarkeit markieren.
Der Orientierungsrahmen unterscheidet Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse schulischer Bildung. Dies geschieht in drei Qualitätsdimensionen:
Um mit diesen Dimensionen die relevanten Aspekte schulischer Qualität differenziert erfassen zu können, wird jede Dimension in Qualitätsbereiche aufgefächert. Für jeden Qualitätsbereich wiederum werden mehrere Qualitätsmerkmale benannt, innerhalb derer die jeweiligen schulischen Arbeitsfelder als Qualitätskriterien beschrieben werden.
Hier ein Beispiel:
Dem Orientierungsrahmen ist ein Leitfaden vorangestellt, welcher alle Qualitätsbereiche des Orientierungsrahmens in eine bildliche Ordnung bringt. Er besteht aus einer Kreisgrafik, die alle Qualitätsbereiche in Ringen um ein Zentrum anordnet. Hierdurch macht er deutlich, dass nicht alle im Orientierungsrahmen enthaltenen Gütekriterien für Schule gleich wichtig sind. Er stellt den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler ins Zentrum: ihre Kompetenzen und Bildungswege, eng gekoppelt an die Zufriedenheit von Schülerinnen und Schülern, den Sorgeberechtigten sowie Mitarbeitenden und Kooperationspartnern.
Alle anderen Qualitätsbereiche ordnet er in Ringen um dieses Zentrum an, um deutlich zu machen, welche Bedeutung jedem einzelnen Qualitätsbereich für das Erreichen des Bildungserfolgs der Schülerinnen und Schüler zukommt. Je näher ein Qualitätsbereich zum Zentrum liegt, umso wichtiger ist er dafür, dass Schulen ihrem Bildungsauftrag gerecht werden.
Die Qualitätsansprüche, die im Orientierungsrahmen festgehalten sind, basieren auf Erkenntnissen der empirischen Bildungsforschung. Darüber hinaus haben zahlreiche Akteure aus dem Hamburger Schul- und Bildungssystem ihre pädagogischen Grundüberzeugungen und ihr Erfahrungswissen in den Orientierungsrahmen eingebracht.
Auch bei der Gestaltung des Leitfadens wurden Forschung und Praxis gleichermaßen berücksichtigt.
Der Orientierungsrahmen Schulqualität muss immer wieder überprüft und weiterentwickelt werden, um aktuell und handlungsleitend sein zu können. Zwar gibt es einen Kern von empirischen Befunden und praktischem Wissen, der seit einigen Jahren vergleichsweise stabil ist. Aber es gibt auch immer wieder neue Anforderungen an die schulische Arbeit, die sich aus neuen schulpädagogischen Herangehensweisen, gesamtgesellschaftlichen Veränderungen sowie neuen schulpolitischen Schwerpunktsetzungen ergeben.
Seitdem der Orientierungsrahmen 2006 zum ersten Mal erschienen ist, ist er bislang zweimal überarbeitet worden, 2012 und 2019. Jedes Mal ging es darum, neue Forschungsergebnisse und pädagogische Perspektiven einzubeziehen, die bislang nicht oder nicht hinreichend beleuchtet waren. Bei der Neuauflage 2012 wurden Gütekriterien für individualisierten und kompetenzorientierten Unterricht formuliert; außerdem wurden Merkmale für gelingende kollegiale Kooperation sowie zielorientierte Führung ergänzt. Bei der Fortschreibung 2019 wurden dann die Qualitätsmaßstäbe in den Bereichen datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung, Inklusion/Umgang mit Heterogenität und Vielfalt und ganztägige Bildung grundlegend neu beschrieben.
Die 2023 hiermit vorgelegte Neufassung des Orientierungsrahmens Schulqualität unternimmt erstmals den Versuch, die Anforderungen an das Arbeiten in digitalen Lernsettings systematisch in die Gütekriterien für Schule und Unterricht zu integrieren. Damit greift sie eine seit einigen Jahren immer deutlicher hervortretende Herausforderung auf, die sich allen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen stellt und die durch die Corona-Pandemie noch drängender und bewusster geworden ist. Zudem justiert sie den Qualitätsbereich „Lehr- Lernprozesse gestalten“ neu. Dieser ist nun erkennbar an den empirischen Befunden zu den drei Basisdimensionen guten Unterrichts (Strukturierte Klassenführung, Konstruktive Unterstützung und Kognitive Aktivierung) ausgerichtet, die schon seit einigen Jahren von der Schulinspektion genutzt werden, um Unterrichtsqualität zu erfassen und zu bewerten. Neben diesen inhaltlichen Neuerungen zielt die aktuelle Überarbeitung auf zweierlei ab: Erstens sollte der Orientierungsrahmen deutlich kürzer und lesbarer werden. Zweitens sollte er auch digital abrufbar und nutzbar gemacht werden. In welchem Maße diese Ziele erreicht wurden, mögen letztlich die Leserinnen und Leser bzw. die Nutzenden bewerten.